Schutzstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Im Grenzbereich nach Dänemark greift die Bundespolizei immer wieder alleinreisende Minderjährige auf, die auf der Flucht aus ihrem Heimatland sind. Über das Jugendamt werden sie dann in Obhut genommen und kommen in die Schutzstelle des Elisabethheimes. Dort findet die Erstversorgung statt; die Jugendlichen können duschen, etwas essen und bekommen ein Bett.
Sechs Pädagoginnen und Pädagogen betreuen diese Gruppe. Die Gruppenleiterin, Heike Peters, ist mit den besonderen Bedürfnissen der jungen Flüchtlinge vertraut, sie hat selbst einige Jahre in Afghanistan gearbeitet. Die Betreuung findet rund um die Uhr statt.
Einem Neuankömmling fällt wahrscheinlich als erstes die Weiträumigkeit des Geländes auf. Vielleicht nimmt er auch den Geruch der Landwirtschaft wahr. Die Schutzstelle befindet sich auf dem Stammgelände des Elisabethheims im Haus „Fuchsbau“. Das große dreigeschossige Haus ist umgeben von Grünflächen. Volleyball- und Fußballplatz sind gleich vor der Tür.
Beispielhaft sei die Geschichte von Akbar (Name geändert) erzählt, der vor etwa einem Jahr nach einer Flucht aus Afghanistan zu uns gekommen ist. In den letzten Jahren kam der überwiegende Teil der unbegleiteten minderjährige Flüchtlinge aus den Ländern Afghanistan, Syrien und Somalia. Sie alle verbindet, dass sie ihre Familien und ihre Heimat verloren haben.
Akbar wirkt noch sehr jung und unsicher, als er bei uns ankommt. Er könnte 13, aber auch schon 15 Jahre alt sein. Er wollte eigentlich nach Norwegen reisen, doch die dänische Grenzpolizei griff ihn auf und schickte ihn wieder nach Deutschland zurück. Im Auftrag des Jugendamtes wurde er dann bei uns in Obhut genommen. Nach kurzer Zeit entschied Akbar sich hierzubleiben. Damit endetet seine etwa viermonatige Flucht, die sein Leben völlig verändert hatte. Durch den Machtwechsel in Afghanistan war Akbars Familie zur Zielscheibe der Taliban geworden. Nach Gewalthandlungen und Verschleppungen hatten sie sich aufgemacht, um das Land zu verlassen. Auf der Flucht wurde Akbar jedoch von seinen Eltern und Geschwistern getrennt und verlor jeglichen Kontakt.
Wie ging Akbars Geschichte weiter? Durch seine Entscheidung hierzubleiben kam neben dem Einleben in der Wohngruppe ein Verwaltungsprozess in Gang. Es fand ein Erstgespräch mit dem Jugendamt statt, das auch einen Antrag beim Vormundschaftsgericht stellte, weil Akbar minderjährig und ohne Eltern in Deutschland ist. Er wurde in der Schule und beim Amt angemeldet und es fand eine medizinische Erstuntersuchung statt. Die zeitnahe Bestellung eines Vormundes ist in der Regel für die jungen Geflüchteten sehr wichtig, weil erst dann ein offizieller Asylantrag gestellt werden kann. Bis das soweit war, besuchte Akbar längst die DaZ-Klasse (Deutsch als Zweitsprache) einer Schule und lernte fleißig Deutsch. Er war zwar in Kabul sechs Jahre in die Schule gegangen und hatte Lesen und Schreiben gelernt, doch die lateinischen Buchstaben sind ihm noch fremd, so dass er mit der Alphabetisierung begann. Zwischenzeitlich stellte sich auch heraus, dass er gerne Fußball spielt. Zusammen mit anderen Jugendlichen spielt er auf dem Heimgelände, in der Sporthalle und mittlerweile auch im Verein.
Der Asylantrag und die damit verbundene Anhörung sind für die jungen Geflüchteten der mit Abstand wichtigste und zukunftsentscheidende Termin. Akbar wurde im frühen Sommer vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu einer persönlichen Anhörung in Neumünster eingeladen. In Begleitung seines Vormundes und eines Erziehers wurde er zu Fluchtwegen und Fluchtgründen befragt. Bei diesem hochgradig emotionalen Termin berichtete Akbar zum ersten Mal von den Gewalttaten, die er und seine Familie erlitten hatten. Allein schon das Zuhören seiner Erzählung war kaum zu ertragen. Bereits zwei Wochen später bekam er den Bescheid, bei dem ihm ein Abschiebungsverbot zugesprochen wurde. Damit konnte Akbar eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, die er mittlerweile erhalten hat.
Akbar hat sich gut eingelebt. Er kommt im Alltag zurecht und wird zunehmend selbständiger. Auch sein Sprachvermögen verbessert sich. Und manchmal verlieren wir es sogar aus dem Blick, dass er vor einem guten Jahr noch in einer ganz anderen Welt gelebt hat. Den Kontakt zu seiner Familie konnte Akbar noch nicht wieder herstellen, doch es gibt Möglichkeiten über den DRK-Suchdienst und Plattformen der sozialen Medien, die unserer Erfahrung nach vielversprechend sind. Die Schutzstelle ist für ihn zu einem neuen Zuhause geworden.
Schutzstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Pastor-Witt-Str. 6b
24873 Havetoft
Tel. 0 46 03 / 94 00 – 24
schutzstelle@elisabethheim.de
Gruppenleiterin:
Heike Peters, Staatl. Anerk. Sozialarbeiterin (B.A.)
Erstbezug: 1974 und 2010
Platzzahl: 13 männliche Jugendliche
Zusätzlich Verselbständigungsappartements im Haus
Vorläufige Inobhutnahme gem. § 42a SGBVIII möglich
Alter der Jugendlichen: 13 – 18 Jahre